1.    Welche Visionen haben Sie zur Entwicklung der Region?

Der Landkreis Bautzen ist ein vielfältiger Lebens- und Wirtschaftsraum. Das betrifft die Landschaften, auch die "Landsmannschaften", die Zweisprachigkeit, die Geschichte,- also die Oberlausitzer in der Mitte, im Süden und Osten, die Kursächsische im Westen und teilweise preußische im Norden.

Vor allem betrifft das aber auch die Wirtschaft. Nachdem die Jugend gegenwärtig auf die großen Städte fixierte ist, wird sich das in Zukunft umkehren. Vor allem dann, wenn es gelingt den Lebenswert in unseren Städten und Gemeinden zu erhalten, Gemeinschaft mehr zu leben als bisher und Möglichkeiten und Vorteile besser herauszustellen.

Ich bin überzeugt, dass wir wirtschaftlich weiter aufholen werden. Das betrifft die Beschäftigung, also die Anzahl der Arbeitsplätze,- aber auch deren Attraktivität bis hin zur Bezahlung.

Die demographischen Veränderungen müssen offen diskutiert und die damit auch verbundenen Chancen genutzt werden.

2.    Welche Vorstellungen haben Sie zum Zusammenwachsen der Region?

Ich glaube, dass die Region in ihrer Vielfalt so ist und bleibt. Durch die Größe des Landkreises haben die Städte und Gemeinden in Bezug auf Heimat eine noch größere Bedeutung bekommen. Der Landkreis hat eine Dienstleistungsfunktion auf den Gebieten, in denen die Städte und Gemeinden nicht zuständig, oder aber für sich genommen zu klein sind. Durch eine gute Qualität der Verwaltungs(dienst)leistungen ist eine Identifikation der Menschen mit dem Kreis weiterhin positiv zu beeinflussen. Ansonsten werden in Bautzen, Hoyerswerda, Kamenz, Radeberg oder Bischofswerda- wie in den anderen Städten und Gemeinden auch - die Angelegenheiten zu fördern aus lokaler Sicht gesehen werden. Wichtig ist eine stärkere Zusammenarbeit mit den umliegenden Kreisen und vor allem Dresden.

3.    Wie stehen Sie persönlich zur Entwicklung der Stadt Kamenz als Mittelzentrum?

Die Stadt Kamenz ist eine der wichtigsten Städte im Landkreis. Ihre zentrale Funktion für das ländliche Umfeld ist teilweise größer als z.B. die von Bautzen oder Radeberg.

Durch die gute Anbindung an die Landeshauptstadt kann und wird Kamenz eine wichtige Rolle als Industrie- und Wohnstandort einnehmen können und müssen. Der Landkreis hält in Kamenz seinen größten Verwaltungsstandort vor. Das wird auch so bleiben.

Der Freistaat wird neben dem LFULG, dem Statistischen Landesamt seine gesamte IT- Kompetenz in Kamenz konzentrieren. All das und noch viel mehr spricht für das Mittelzentrum Kamenz.

4.    Der Schulstandort Kamenz muss durch Erhaltungs- und Ergänzungsinvestitionen fortentwickelt werden – werden Sie sich persönlich für die Erhaltung/ Wiederbelebung des Lessinggymnasiums an historischer Stelle einsetzen und die Sanierung der Schule an der Saarstraße voranbringen? In welcher Zeit können hier Ergebnisse vorliegen?

Ich habe mich über Jahre um eine sinnvolle Nachnutzung des vom Gymnasium zurzeit genutzten Gebäudes Macherstraße bemüht. Das trägt nun Früchte.

So wir die Gespräche mit dem Freistaat hinsichtlich Kaufpreis und Fördermodalitäten erfolgreich abschließen, können wir planen und bauen. Ich glaube, dass wir 2018/19 mit den Schulbaumaßnahmen in Kamenz durch sind. Im Kreishaushalt haben wir die entsprechenden Vorkehrungen getroffen.

5.    Für die Radwegeverbindung Pulsnitz – Kamenz, wie auch in den Nordraum, ist die Unterstützung des Landkreises notwendig. Wie stehen Sie dazu?

Wir erarbeiten gegenwärtig eine Radverkehrskonzeption für den gesamten Landkreis. Pulsnitz - Kamenz ist eine Hauptverkehrsachse. Es ist selbstredend, dass wir hier straßenbegleitende Radwege schnellstmöglich brauchen. Bei Kreisstraßen ist dafür auch der Landkreis zuständig. Aber auch Landes- und Bundesstraßen werden nicht mehr ohne Radweg ausgebaut.

6.    Als Haus- & Grundeigentümer ist die bezahlbare Müllentsorgung für uns von besonderer Wichtigkeit – wie sehen Sie die Perspektiven?  Wie stehen Sie zu einer Rekommunalisierung?

Mit der TA-Lauta haben wir die modernste Anlage dieser Art in Deutschland. Trotz der bekannten Probleme hinsichtlich der vertraglich gebundenen Mengen haben wir mit ca. 1,-€ je Woche und Einwohner eine auf das Land bezogene, leicht unterdurchschnittliche Belastung der Bevölkerung. Das muss und wird auch so bleiben.

Für eine Ganz- oder Teilkommunalisierung bin ich sofort. Wir arbeiten seit geraumer Zeit daran. Zurzeit ist eine Rekommunalisierung noch nicht genehmigungsfähig, da wir (noch) nicht den Nachweis führen können, die Anlage dauerhaft zu mehr als 50% mit Hausmüll zu beliefern.

Das wird sich aber ändern, davon bin ich überzeugt. Einerseits steigen bundesweit die Kosten für die Verwertung von Hausmüll und andererseits darf ab 2017 kein Klärschlamm mehr in die Landwirtschaft verbracht werden. Wir werden also für andere kommunale Entsorgungspflichtige noch sehr interessant werden. Und das wird allen Bürgern im Gebiet des RAVON nutzen.

7.    Die weitere Verbesserung der Verkehrsverbindungen ist für die Region erforderlich. Der S-Bahn Anschluss für Kamenz sollte eine Tarifzone für die gesamte Region haben. Wie sehen Sie die Chancen dafür? Könnte eine Bahnverbindung wenigstens erstmal bis Bernsdorf verhandelt werden? Was halten Sie von einer Schnellbusverbindung Hoyerswerda- Dresden?

Ich stimme mit ihnen überein, dass die Verknüpfung des Landkreises mit der Landeshauptstadt durch gut vertaktete Verkehre verbessert und entwickelt werden muss. Ein Tarifsystem, welches geeignet ist, die Menschen vom Auto in den Zug oder Bus zu bekommen, gehört dazu.

Im VVO wird gegenwärtig das Tarifsystem überarbeitet. Ich werde mich selbstverständlich dafür einsetzten, dass ein attraktiver Tarif entsteht. Nach meiner Kenntnis werden die Tarifzonen eher verkleinert. So soll eine höhere Streckenabhängigkeit erreicht werden, was vor allen den Fahrgästen zu Gute kommt, die jetzt trotz kurzer Fahrstrecke Tarifzonengrenzen überschreiten.

Das Tarifthema ist sehr komplex. Neben den Kunden ist die Finanzkraft der Verkehrsverbünde hier ebenso beachtlich wie die wirtschaftlichen Erfordernisse der Verkehrsunternehmen.

Auf jeden Fall muss in den nächsten Jahren erreicht werden, dass wir für Bus und Bahn in ganz Ostsachsen einen einheitlichen Ansprechpartner als Bestellorganisation bekommen.

Hinsichtlich der Wiederbelebung der Bahntrasse bis oder über Bernsdorf hoffe ich auf eine rege Nachfrage beim Seenlandbahnexperiment. Züge werden künftig nur dort fahren können, wo sie nachgefragt werden. Der ZVON gibt jährlich ca. 45 Mio. €, der VVO ca. 110 Mio. € für die Bestellung von Verkehrsleistungen aus. Der Zuschuss für 1 Km Bahnfahrt beträgt ca. 10 €. Das sind wirtschaftliche Rahmenbedingungen die man bei dieser Diskussion auch kennen muss.

Was einen Fernbus zwischen Hoyerswerda und Dresden anbetrifft bin ich für alles, was Verbindungen für Menschen verbessert und wirtschaftlich darstellbar ist.